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Der Zusammenbruch

 


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"Deutschland in seiner tiefen Erniedrigung"
Der Zusammenbruch von Preußen und Reich
von Prof. Dr. Rüdiger Ruhnau

Der Buchhändler Johann Philipp Palm aus Nürnberg wurde am 26. August 1806 in Braunau am Inn von den Franzosen erschossen. Er hatte die anonyme Schrift "Deutschland in seiner tiefen Erniedrigung" verbreitet, in der er die zum Zusammenbruch des Reiches geführten Mißstände geißelte. Er prangerte die napoleonische Gewaltherrschaft an. Preußen bezichtigte er der Untreue gegenüber dem Reich, durch seine Neutralitätspolitik habe es Napoleon den Schlüssel zu allen deutschen Provinzen ausgeliefert. Palm schloß mit dem Aufruf an das Volk, die Fesseln der Fremdherrschaft mit Gewalt abzuwerfen.

Die Jahre nach dem Tode Friedrichs des Großen bis zum Tilsiter Frieden haben in der preußischen Geschichte keine Ruhmesblätter hinterlassen. Goethe, der im Gefolge des Herzogs Karl August von Weimar am Feldzug gegen Frankreich teilgenommen hatte, sagte am Abend der vergeblichen Kanonade von Valmy zu den Offizieren: "Von hier und heut geht eine neue Epoche der Weltgeschichte aus." Er hatte recht, denn nun ging das republikanische Frankreich zum Angriff auf die absolutistischen Staaten des mittleren und östlichen Europas über.

In Preußen regierte seit 1797 König Friedrich Wilhelm III. Mit 27 Jahren hatte er den Thron bestiegen, ein schüchterner, wenig begeisternder Mann, der mittels einer Neutralitätspolitik hoffte, die napoleonischen Stürme überstehen zu können. Seine stärkste Stütze war die liebenswerte Königin Luise, eine geborene Prinzessin von Mecklenburg-Strelitz, mit der er ein glückliches Familienleben führte. Daß der König und mit ihm die preußische Regierung um jeden Preis den Frieden bewahren wollten, trug ihm die Sympathie der Ost- und Westpreußen ein, zumal das Interesse an außenpolitischen Fragen gering war und mehr die wirtschaftlichen Belange im Vordergrund standen.

An der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert beherrschte die Aufklärung das europäische Geistesleben. Im Schleppzug der Französischen Revolution fegte ihr Gedankengut die alten Vorstellungswelten hinweg und stellte die hierarchischen Ordnungen in Frage. Nicht zuletzt der Einfluß der Kirche wurde auf vielen Ebenen zurückgedrängt. Die Aufklärung bezweckte, alle Lebensbereiche des Staates, der Gesellschaft, der Wirtschaft, der Kultur auf ihre der Vernunft entsprechenden Normen zu überprüfen. Ihre Protagonisten in Deutschland waren insbesondere Leibniz, Lessing und Kant. Wenn auch die Aufklärung nicht auf einen sozialen Stand begrenzt blieb, so fand sie ihren Schwerpunkt doch in den bürgerlichen Schichten. Anstelle von Geburt und Privilegien trat nun die Leistung. Die Bildung galt als Unterscheidungsmerkmal, nicht mehr unbedingt das Geld.

Europa vor Napoleons Rußlandfeldzug: Auf dem Höhepunkt von Bonapartes Vorherrschaft auf dem Kontinent lebten die Deutschen entweder in einem mit ihm verbündeten Staat oder in einem von ihm abhängigen Staat oder in seinem eigenen Staat, dem französischen Kaiserreich.

Bis in das 18. Jahrhundert war die Gelehrtensprache das Lateinische, die Sprache der Gebildeten das Französische. Friedrich II. schrieb hauptsächlich französisch, er beherrschte diese Sprache besser als das Deutsche. Seinem Selbstverständnis entsprach es, daß er sich als Angehöriger einer Gelehrtenrepublik fühlte. Die von ihm begonnene Modernisierung und Rationalisierung des Staates stimmte mit den Zielen der Aufklärung überein. Neben diesem "königlichen Aufklärer" stand für die Verkörperung der "bürgerlichen Aufklärung" der Königsberger Universitätsprofessor Immanuel Kant, der die schwierigsten philosophischen Probleme in deutscher Sprache thematisierte.

Überhaupt löste jetzt das Deutsche den häufigen Gebrauch der Fremdsprache ab. Die Heranbildung einer qualifizierten Beamtenschaft, Religionstoleranz sowie Schul- und Erziehungsreformen sorgten für weitergehende Fortschritte, die Preußen zu einem "aufgeklärten" Staatswesen machten.

Die Französische Revolution hatte Bonaparte emporgetragen. Mit Hilfe der Armee konnte er sich im Jahre 1804 die Kaiserkrone selbst aufs Haupt setzen. Frankreich war mit seinem neuen Herrn zufrieden. Im Innern hatte er die Ordnung wieder hergestellt, nach außen hin gab er dem Land den Ruhm (la gloire) großer Kriegstaten.

Großbritannien, Österreich und Rußland planten einen neuen Krieg gegen Frankreich. Napoleon kam aber seinen Gegnern zuvor. In der "Dreikaiserschlacht" von Austerlitz, östlich von Brünn, besiegte er 1805 die vereinigten Österreicher und Russen. Zur See freilich erlitt er bei Trafalgar eine schwere Niederlage, der britische Admiral Nelson vernichtete dort die französisch-spanische Flotte. Im Dezember 1805 wurde der Friede zu Preßburg geschlossen. Für Bayern und Württemberg setzte Bonaparte die Rangerhöhung zu Königreichen durch, sie bildeten unter seiner Protektion den Rheinbund, mußten sich aber verpflichten, dem Korsen im Kriegsfalle Soldaten zu stellen. Tiefer ging die Demütigung wirklich nicht. Das Gefühl der Untertänigkeit hatte den Erzkanzler des Reiches, Kurfürst Karl Theodor von Dalberg, veranlaßt, dem Störenfried Europas noch vor dessen Krönung von seiner "tiefen Verehrung, grenzenlosem Vertrauen und aufrichtiger Bewunderung" zu schreiben. Das Heilige Reich hatte aufgehört zu bestehen.

Während Napoleon also Süddeutschland gewann - Baden erhob er zum Großherzogtum -, war Preußen seit 1795 vollständig neutral geblieben. König Friedrich Wilhelm III. bot seine Vermittlerdienste zwischen den verfeindeten Mächten an. Noch vor Austerlitz hatte Zar Alexander Preußen besucht und in der Potsdamer Garnisonkirche, über den Sarkophagen des Soldatenkönigs und Friedrichs des Großen, einen Freundschaftsvertrag geschlossen. Der schwächliche preußische Außenminister Graf Haugwitz unterzeichnete auf Drängen Bonapartes ein Bündnis, das die Abtretung Ansbachs an Bayern beinhaltete, während Kleve, Wesel und Neuenburg (Neuchâtel) an Frankreich fielen. Preußen erhielt dafür Hannover zugesprochen.

Die Vollstreckung des Todesurteils an Johann Philipp Palm hatte in ganz Deutschland Empörung ausgelöst. Preußens Verhältnis zu Frankreich spitzte sich immer mehr zu, nachdem Friedrich Wilhelm III. gezwungen war, der Kontinentalsperre gegen England beizutreten. Als der Korse schließlich auch noch Preußens militärischen Beistand im Kampf gegen Rußland verlangte, war das Maß voll. Die preußische Regierung mußte befürchten, nur noch eine Satellitenrolle im Ringen Napoleons um die Vormachtstellung in Europa zu spielen. Unter dem stärker werdenden Druck der öffentlichen Meinung erklärte sich der König bereit, die schmachvolle Unterwerfungspolitik aufzugeben.

Im Volk war die Erinnerung an die glanzvolle militärische Vergangenheit der großen Preußenkönige stets lebendig geblieben. Als in einer Berliner Theateraufführung von Schillers "Wallensteins Lager" das Lied erklang "Wohl- auf Kameraden aufs Pferd, aufs Pferd - ins Feld, in die Freiheit gezogen ...", sangen die Besucher das bekannte Reiterlied begeistert mit. Zum Beweis ihrer Kampfbereitschaft schärften junge Offiziere ihre Säbel symbolisch an den steinernen Stufen der französischen Gesandtschaft in Berlin. Den letzten Anstoß gab das bekanntgewordene Angebot Napoleons an die Engländer, Hannover wieder den Preußen wegzunehmen. Endlich raffte sich Friedrich Wilhelm auf und befahl am 6. August 1806 die Mobilmachung seiner Armee. Die Soldaten, die der König in den Kampf gegen Bonaparte schickte, waren nicht mehr mit jenen zu vergleichen, die unter Friedrich dem Großen fochten. Klägliche Verpflegung, schlechte Bekleidung, dazu seelenloser Drill, Stockschläge und Spießrutenlaufen bei geringen Vergehen hatten das preußische Heer heruntergebracht. Die Offiziere, größtenteils bejahrte Männer, dürsteten nicht nach Ruhm, sie wünschten den Rest ihres Lebens in Behaglichkeit zu verbringen. Der ostpreußische General Hermann von Boyen schreibt in seinen Erinnerungen, daß die Hälfte der jährlich in die Armee eintretenden ausländischen Rekruten "Nichtsnutze" gewesen seien.

Preußen hatte mit Sachsen und Weimar ein Bündnis geschlossen. Eine aus 60.000 Mann bestehende Hauptarmee unter dem Kommando des Herzogs Ferdinand von Braunschweig sollte die südwestlich des Thüringer Waldes stehenden Truppen Napoleons angreifen. Bereits am 10. Oktober schlugen die Franzosen eine preußische Vorhut bei Saalfeld, dabei fiel Prinz Ferdinand von Preußen, ein Neffe Friedrichs des Großen. Die preußische Seite besaß keine Informationen über die Stärke des Feindes, man unterschätzte auch völlig den Angriffsgeist und die Schnelligkeit der Truppenbewegung. So kam es am 14. Oktober 1806 in der Doppelschlacht bei Jena und Auerstedt zu einer totalen Niederlage der verbündeten Deutschen. Die sieggewohnten napoleonischen Soldaten wendeten die moderne Kampfart der aufgelösten Ordnung an, sie setzten ihre bewegliche Artillerie geschickt ein, während die Preußen in geschlossenen Verbänden nach der alten Lineartaktik fochten: "Zum Unglück aber gesellte sich noch die Schande": Ein Truppenteil nach dem anderen ergab sich den Franzosen, ohne Widerstand zu leisten. Die meisten preußischen Festungen kapitulierten, ohne einen Schuß abzugeben. Nur die Festungen Kolberg, Graudenz und Danzig widerstanden. Kolberg, verteidigt vom damaligen Hauptmann v. Gneisenau und dem tapferen Bürgermeister Nettelbeck, hielt sich noch bis zum Frieden von Tilsit.

Wie sollte es nun weitergehen? Der Versuch des Preußenkönigs, Verhandlungen aufzunehmen, scheiterte am Korsen. Am 27. Oktober zog er als Sieger durch das Brandenburger Tor in Berlin ein. Einer der ersten Besuche Bonapartes galt dem Grab Friedrichs des Großen. Zu seinen Generalen meinte er: "Wenn dieser Mann noch lebte, stünde ich nicht hier." In den von Franzosen besetzten Gebieten herrschte die Soldateska. Von der Plünderung Weimars berichtete Johanna Schopenhauer ihrem Sohn Arthur: "Viele Häuser sind ausgeplündert, zuerst natürlich alle Läden. Wäsche, Silberzeug, Geld ward fortgebracht. Die Witwe Herder mußte ins Schloß flüchten, alle nachgelassenen Manuskripte des großen Herder sind zerrissen und zerstreut ..."

Auf der Flucht vor Napoleon traf Friedrich Wilhelm III. mit seiner Familie im Dezember 1806 in Königsberg ein. Die Mehrzahl der königlichen Ratgeber empfahl, des Korsen Bedingungen anzunehmen, Preußen als Ausgangsbasis für den Angriff auf Rußland zu benutzen. Aber diesmal folgte der König seinem eigenen Gewissen, der Krieg gegen Bonaparte, obwohl fast aussichtslos, wurde fortgesetzt. Friedrich Wilhelm wußte, daß er nur mit Hilfe Rußlands gewinnen konnte, er befahl die Säuberung des Offizierskorps von Elementen, die sich der Feigheit oder des Verrats schuldig gemacht hatten. 17 Generale und 191 Offiziere mußten sich später vor Kriegsgerichten verantworten. Inzwischen marschierten die Franzosen eiligst in Ostpreußen ein. In Preußisch Eylau, südlich von Königsberg, kam es am 8. Februar 1807 zu einer für beide Seiten verlustreichen Schlacht, die Napoleon erstmals nicht für sich entscheiden konnte. Neben den Russen kämpfte das preußische Korps L'Estoq, dessen Generalstabschef Scharnhorst war. Leider versäumten es die Verbündeten, diesen Achtungserfolg auszunutzen, denn einige Zeit später besiegte Bonaparte die Russen bei Friedland und Zar Alexander bat um einen Waffenstillstand. Dem preußischen König, allein gelassen, blieb nun nichts anderes übrig, als sich dem Waffenstillstand anzuschließen. Am 9. Juli 1807 folgte der Friede zu Tilsit. Preußen verlor mehr als die Hälfte seines Gebietes. Alles Land zwischen Rhein und Elbe, seine Erwerbungen aus den sogenannten polnischen Teilungen, seine Besitzungen in Franken mußte es an Napoleon abtreten. Vergebens versuchte die edle Königin Luise in einer Unterredung mit dem Korsen an dessen Großmut zu appellieren. Frankreichs Kaiser ließ sich von den harten Maßnahmen nicht abbringen. Preußen sollte so geschwächt werden, daß es sich nie mehr erheben könne.

Quelle:
Preußische Allgemeine Zeitung / Das Ostpreußenblatt, Ausgabe 28/03, 23.08.2003

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